Die meisten denken beim Stichwort «gebietsfremde Pflanzen» spontan an solche, die aus Übersee zu uns kommen. Sei es über den Handel oder als blinde Passagiere. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Am Beispiel von Europa, Australien sowie Nord- und Südamerika zeigt ein internationales Forschungsteam, dass auf den betrachteten Kontinenten mehr als die Hälfte (56,7 Prozent) der gebietsfremden Pflanzenarten, die sich erfolgreich in neuen Gebieten angesiedelt haben, ursprünglich vom eigenen Kontinent stammen.
Das gilt vor allem für Europa und Nordamerika. In Australien ist der Anteil dagegen auffallend niedrig. Wenn sich Tiere oder Pflanzen über ihr angestammtes Verbreitungsgebiet hinaus auf den Weg machen, können sie beispielsweise spezialisiertere heimische Arten verdrängen.
Der ökologische Schaden durch den Verlust der heimischen Artenvielfalt bringt auch wirtschaftlichen Schaden. Der Weltbiodiversitätsrat beziffert ihn in seinem aktuellen Bericht von 2023 auf mindestens 400 Milliarden Dollar jährlich.
Die Forschenden sahen immer wieder dieselben Ausbreitungsmuster: Die Verbreitung innerhalb eines Kontinents lief meist von den äquatornahen Regionen in Richtung der Pole. «Mit steigender Nähe zum Äquator steigt auch die Vielfalt der in einer Region natürlicherweise vorkommenden Arten. Es gibt in diesen Regionen also schlichtweg einen viel grösseren Fundus an Arten, der in Richtung der Pole verbreitet werden kann, als umgekehrt», erläutert Zhijie Zhang, der massgeblich an der Studie beteiligt war.
Grosse Distanzen und klimatische Unterschiede wirken der Ausbreitung entgegen. «Obwohl die Pflanzen mithilfe des Menschen die natürlichen Grenzen ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets überwinden konnten, gelingt es ihnen umso besser, sich in einem neuen Gebiet anzusiedeln, je näher dieses zu ihrem Ursprungsgebiet liegt. Gleiches gilt für Gebiete, die dem Ursprungsgebiet klimatisch ähnlicher sind», fügt Zhang an.
«Mit dem fortschreitenden Klimawandel werden die Regionen der höheren Breitengrade für eine zunehmende Anzahl Arten geeignete klimatische Bedingungen bieten. So steigen die Chancen für gebietsfremde Arten, sich dort zu etablieren, mit all den potenziellen negativen Folgen für die Artenvielfalt und Wirtschaft in den Empfängerregionen», so der Biologe Mark van Kleunen von der Uni Konstanz, der ebenfalls an der Studie mitgewirkt hat.
Text: Alexandra von Ascheraden, Foto: Rutger Wilschut
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