Man kann es sich nur schwer vorstellen: Vor rund 50 Millionen Jahren, im sogenannten Eozän, überzogen bedeutende Laubwälder die Arktis. Eine Kombination aus Treibhausklima und einem gegenüber heute fast doppelt so hohen Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre machte das möglich. Die Pflanzen mussten in diesen hohen Breitengraden zudem, genau wie die spärlichen Pflänzchen der heutigen Arktisvegetation, mit extremen Lichtverhältnissen zurechtkommen. Mit monatelangem Dauerdunkel im Winter und einer tiefstehenden, jedoch nie untergehenden Sonne im Sommer.
Eine Kombination all dieser extremen Bedingungen gibt es heute nirgends mehr. Deshalb hat es Forschende aus Tübingen und Stuttgart interessiert, wie die Pflanzen damals zurechtkamen.
Anhand von Fossilfunden berechneten sie, wie viel Verdunstung und Photosynthese die fossilen Blätter einst leisteten. Berücksichtigt wurde auch der Einfluss der Blattgrösse auf die Gas- und Stoffumsätze. Die Berechnungen ergaben, dass die Grösse der Blätter keine entscheidende Rolle spielte. Wichtiger waren Lufttemperatur und Lichteinfall. Man weiss, dass es im Untersuchungsgebiet während der jährlichen Vegetationsperiode sehr viele Sonnenstunden gab. Die höhere Temperatur half ebenfalls zu einer hohen Fotosyntheseleistung.
«Insgesamt kamen wir auf eine überraschend hohe Produktivität der Wälder», sagt Wilfried Konrad von der Universität Tübingen. «Wir gehen davon aus, dass die Klimabedingungen im Eozän die Fotosyntheseleistung der Bäume und eventuell auch die Produktivität an Biomasse verstärkt haben. Legt man die aktuellen pflanzenphysiologischen Daten zum Fotosyntheseapparat zugrunde, so dürfte die Fotosyntheseleistung um mindestens 30 bis 60 Prozent höher gelegen haben als an einem heutigen Standort gemässigter mittlerer Breiten.» Vor allem der hohe Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre sei dafür entscheidend gewesen.
Geowissenschaftler Konrad kann aus den Berechnungen sogar vorsichtige Aussagen über heutige Wälder machen: «Eine Steigerung der Fotosyntheseleistung entsprechender Wälder könnten auch die aktuell steigenden Kohlendioxidwerte mit sich bringen. Da die Bodeneigenschaften und die Lichtverhältnisse einen grossen Einfluss auf die pflanzliche Produktivität haben, kann man die Aussagen jedoch nicht verallgemeinern.»
Text: Alexandra von Ascheraden
Foto: Beispiel eines fossilen Blattes eines Baums der Gattung Cercidiphyllum (C. Crenatum). Es stammt aus dem Pliozän und wurde an der Fossilfundstelle Willershausen (Harz) gesichert. (Quelle: Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart)
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