Der Gerichtsprozess, der kurz nach der Markteinführung der Erdbeersorte «Merci» folgte, dauerte fast fünf Jahre. In einem Brief verlangte der Anwalt des Berliner Konzerns August Storck AG von Urs Rutishauser, dem Inhaber von Häberli, den Eintrag der Erdbeermarke «Merci» umgehend zu löschen.
(ur) «Merci» ist zumindest unter höflichen Schweizerinnen und Schweizern ein oft gebrauchtes Wort. Will jemand dieses Wort aber als Marke für ein Produkt verwenden, so braucht er trotz exakter Vorabklärung Mut und Durchhaltewillen. Diese Erfahrung jedenfalls machte die Häberli Fruchtpflanzen AG in Egnach (TG), nachdem sie 2014 eine neue Erdbeersorte unter dem Namen «Merci» eingeführt hatte. Als mittelgross, aromatisch und kompakt wird die Sorte beschrieben, Früchte trägt sie über den ganzen Sommer.
Der Gerichtsprozess, der kurz nach der Markteinführung folgte, dauerte fast fünf Jahre. In einem Brief verlangte der Anwalt des Berliner Konzerns August Storck AG von Urs Rutishauser, dem Inhaber von Häberli, den Eintrag der Erdbeermarke «Merci» umgehend zu löschen. Denn die Herstellerin von Süsswaren verkauft seit 1965 Jahren Schokoladestäbchen unter demselben Markennamen. Die Produkte könnten verwechselt werden, führte er aus, der Verwendungszweck sei identisch.
«Das Schreiben kam für mich damals völlig überraschend», sagte Rutishauser gegenüber dem «Beobachter». Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass jemand Erdbeeren mit Schokolade vergleicht. Vor der Sorteneinführung klärte der Geschäftsinhaber nämlich vorsorglich ab, ob er das geschwungene Merci mit einer stilisierten Erdbeere am Anfang des Wortes, als sogenannte Wort-Bild-Marke in den Schweizer Markenschutzregister eintragen konnte. Unter der Kategorie «Pflanzen und Früchte» fand er jedoch keinen vergleichbaren Eintrag.
Rutishauser liess sich vom Storck-Konzern mit seinen 6000 Mitarbeitern nicht einschüchtern und kämpfte für seine Erdbeere – bis vor Bundesverwaltungsgericht. «Erdbeeren sind rohe Früchte, Schoggi dagegen ein verarbeitetes Produkt. Das sind doch zwei paar Schuhe», wird er vom Landwirtschaftlichen Informationsdienst zitiert. Das liess aber die Anwaltschaft von Storck nicht gelten: «Beide werden als Dessert verzehrt oder als Dessertzusatz verwendet.»
Die Ausdauer und Konsequenz des Geschäftsinhabers von Häberli führte zum Erfolg: Das Gericht wies die Beschwerde von Storck mit folgender Begründung ab: «Mangels Gleichartigkeit der einander gegenüberstehenden Waren kann das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden. Damit erübrigt sich die Prüfung der vorgebrachten Argumente zu Zeichenähnlichkeit und Schutzumfang der Widerspruchsmarke.»
Während des Verfahrens hielt sich Rutishauser mit der Bewerbung der Erdbeere «Merci» vorsichthalber zurück. Das Urteil im Dezember 2018 hat dann aber Klarheit geschaffen. Zur Erdbeersorte «Merci» wird der Besucher des Häberli-Webshops jetzt gefragt: «Was gibt es Schöneres, als jemandem eine Freude zu bereiten?»
www.bvger.ch / Urteil B-7562/2016
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