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Oben wie unten – oder doch nicht?

Die Vielfältigkeit der Pflanzengestalt ist immer wieder beeindruckend. Unter der Erde ist es mit Variabilität deutlich weniger weit her. Viele Arten ähneln sich im Wurzelwerk. Ein internationales Forschungsteam hat sich das nun einmal systematisch angesehen.

Offenbar war vorher niemand auf die Idee gekommen, das methodisch anzugehen. Wie sonst liesse sich erklären, dass sie es mit ihrer Studie sogar auf die Titelseite der renommierten Wissenschaftszeitschrift «Nature» geschafft haben?

Das Ergebnis der Fleissarbeit lässt sich sehr knapp zusammenfassen: Es besteht kein Zusammenhang zwischen «oben» und «unten». Die Forschenden räumen ein, dass sie das Ergebnis selbst überrascht habe. Immerhin lautete eine gängige These in der Botanik, dass sämtliche Merkmale einer Pflanze aufeinander abgestimmt seien. So einfach ist das also nicht.

Im Grunde ist es so: Alle Pflanzenarten müssen aus Sonnenlicht Energie gewinnen, Wasser und Nährstoffe aufnehmen und sich vermehren. «Jede Pflanzenart hat ihre eigene Antwort auf diese Anforderungen gefunden. Das können wir heute an der unglaublichen Vielfalt von Pflanzenmerkmalen beobachten», erklärt Sabrina Träger von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg MLU, die an der Studie mitgewirkt hat. Die Biologin nennt als Beispiel die Vielfalt der Samen, deren Bandbreite von wenige Mikrogramm leichten Orchideensamen bis zu 15 Kilogramm schweren Kokosnüssen reicht.

Forschende mehrerer Universitäten von Argentinien bis nach Kanada haben nun also die Daten tausender Pflanzenarten aus aller Welt zu oberirdischen Pflanzenmerkmalen wie Höhe und die Samengrösse, verknüpft mit denen von Feinwurzeln, zum Beispiel deren Durchmesser und Stickstoffgehalt.

Sonnenblume und Kiefer
Die Analyse zeigte keinen Zusammenhang zwischen Merkmalen über und unter der Erde. Sonnenblumen und Kiefern zum Beispiel sehen sich nicht besonders ähnlich. Was die Feinwurzeln angeht, gleichen sie sich aber stark. Auch das Gegenteil lässt sich zeigen: Pastinaken und Glockenblumen sind sich oberirdisch recht ähnlich, haben aber unterschiedliche Feinwurzeln.

Die Forschenden wünschen sich nun, dass ihre Erkenntnisse zur Grundlage für Untersuchungen zu Pflanzen als Ganzes beigezogen werden und dass man sich nicht zu sehr auf die oberirdischen Teile konzentriert. Da die Pflanzen über Feinwurzeln Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufnähmen, sei es wichtig, auch deren Merkmale zu betrachten, um Vorhersagen über die Entwicklung von Pflanzenarten verlässlicher zu machen.

Alexandra von Ascheraden

HinweisStudie: Carmona C.P. et al. Fine-root traits in the global spectrum of plant form and function.
Die Analyse von Tausenden von Pflanzenarten zeigte keinen Zusammenhang zwischen Merkmalen über und unter der Erde. Das Foto zeigt die Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha. (Foto: James Wheeler/Pixabay)zoom
Die Analyse von Tausenden von Pflanzenarten zeigte keinen Zusammenhang zwischen Merkmalen über und unter der Erde. Das Foto zeigt die Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha. (Foto: James Wheeler/Pixabay)

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