Das Klima spielt verrückt. Blockierte Hochdruckgebiete über Westeuropa drängen seit Wochen Regenfronten ab. Deshalb hat es diesen Winter in Westeuropa sehr wenig geschneit und geregnet.
(ur) Für manche Meteorologen ist die Dürre für dieses Jahr bereits vorprogrammiert: Im Kanton Tessin und in Norditalien gab es seit Monaten kaum Niederschläge, in Frankreich sind drei Viertel der im nationalen Wassermonitoring erfassten Grundwasserspiegel auf mässigem bis sehr niederem Niveau. Das zeigen Recherchen der Presseagenturen dpa-AFX und Reuters sowie die Daten von Meteoschweiz. Aber auch nördlich der Alpen waren Schnee und Regen selten. «Der Klimawandel lässt nicht locker», meldet Uwe Kirsche vom deutschen Wetterdienst. 2,7 Grad lag die durchschnittliche Temperatur diesen Winter in Deutschland über dem Mittel der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 2,9 Grad ist 2022/23 der zwölfte zu warme Winter in Folge.
Das Klima spielt verrückt. Blockierte Hochdruckgebiete über Westeuropa drängen seit Wochen Regenfronten ab. Deshalb hat es diesen Winter in Westeuropa sehr wenig geschneit und geregnet. Bereits vor 60 Jahren hätte eine vergleichbare Wetterlage Trockenheit verursacht, sagt der Meteorologe Klaus Hasler von Geosphere Austria. Doch deuteten, so Hasler, verschiedene Indizien darauf hin, dass neu die Klimaerwärmung und die damit verbundene Temperaturverteilung über Land und Meer ein wiederkehrendes Muster begünstigen.
Skigebiete spürten den Schneemangel diese Saison deutlich. Aber auch am Lago Maggiore ist der Pegelstand so tief, dass die Uferbereiche trockenliegen und der Pegelstand seit über einem Jahr unter dem Mittelwert liegt. Dieser durchschnittliche Wert ist zudem seit 1991 um 86 Zentimeter gesunken. Beim Comersee sieht es nicht besser aus. Und im Po-Becken waren die Niederschläge diesen Winter vergleichsweise 61 Prozent geringer. Ebenso liegen in Venedig die Gondeln im Schlamm; 65 Zentimeter ist der Wasserstand bei Ebbe unter dem normalen Niveau. Weiter ist in Rom der Tiber um 150 Zentimeter unter den Mittelwert gesunken.
Im Gegensatz dazu wäre eine dicke Schneeschicht in den Alpen wünschenswert. Sie würde im Frühjahr bis in den Sommer den Seen und Flüssen Wasser zuführen und den Grundwasserspiegel im Tiefland wieder anheben. «Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst», folgert demgegenüber Manuele Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos. Die Zahl der Dürreperioden durch Schneeschmelzdefizite hätten in der Periode von 1994 bis 2017 im Vergleich zu 1970 bis 1993 um 15 Prozent zugenommen, belegt Brunner mit einer Studie. Dabei gelten die Alpen als Trinkwasserschloss Europas. Wahrnehmen können sie diese Funktion aber eben nur, wenn im Winter genug Wasser in Form von Schnee und Eis gespeichert wird. Denn im Boden selbst speichern die Alpen im Vergleich zum Tiefland wenig Wasser.
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